Die Ausstellung SELF betrachtet das Phänomen der Mediennutzung aus der Sicht der User. Narzisstische Tendenzen, eine unverhohlene Subjektivität und ein Wir-Hunger, also das Bedürfnis, in einer zuneh- mend singularisierten Massengesell- schaft Teil einer Community zu sein, spielen hier eine Rolle. Zentral ist
für etliche User der Aufbau einer alternativen Identität, die sich vom Alltags-Ich wesentlich unterscheidet und im Idealfall durch die Aufmerk- samkeit vieler anderer User zu einer Erfahrung von Selbstwirksamkeit führt, die im analogen Leben eventu- ell nicht stattfindet. Entscheidend bei diesem Werben um Aufmerksamkeit sind die Oberflächen der medialen Präsenz sowie eine maximal optimier- te Selbstpräsentation. Die Künstlerin Anna Herrgott graviert die Namen von Körperteilen auf funkelnde Acrylglasspiegel und konterkariert so den Warencharakter wie auch das edle Finish der Instagram-Welt. Brigitte Groths Malerei zeigt hin- gegen die eigentümlichen Körperhal- tungen und Gesten von Menschen beim Medienkonsum. Jene typische Selbstversunkenheit der Individuen vor dem 6-Zoll-Bildschirm, diese momentane Abkehr von der sie um- gebenden Realität. Die Künstlerin Eva Schwab schließlich holt die Pro- jektionsfläche der Sozialen Medien, den Bildschirm, ins Analoge, indem sie Bilder auf durchscheinenden Tüchern malt. Ihre Puppen, „Evatare“ genannt, materialisieren die im Netz gebräuchlichen Avatare der User.
Hansjörg Fröhlich